3.2. Spezifikation von Lehrzielen und
Lehrinhalten
Für die Spezifikation der Lehrziele wird im folgenden die
Einteilung von Lehrzielen über-nommen, die Kerres (2001, 155-159) aus der
didaktischen Literatur (Bloom, Engelhart, Furst, Hill & Krathwohl, 1956;
Metfessel, Michael & Kirsner 1969; Briggs, Gagné & Wagner 1992)
zusammengestellt hat. Danach werden unterschieden:
Kognitive Lehrziele:
- Verbale Informationen (Wissen über Objekte,
Konzepte, Ereignisse oder Vorgänge, das in sprachlicher Form abgerufen
wird --> Kenntnisse, d.h. bekannte Informationen können aus dem
Gedächtnis erinnert werden.)
- Intellektuelle Fertigkeiten --> Verwenden
kognitiver Operationen, die durch Übung und Erfahrung erworben werden:
- Verstehen (neue Informationen verarbeiten und in Kontext
einordnen können)
- Anwenden (von Regeln/Prinzipien in definierten
Situationen)
- Analyse (zergliedern eines Sachverhaltes in seine
Bestandteile)
- Synthese (Zusammensetzen von Elementen zu einem - neuen -
Ganzen)
- Bewerten (Urteile anhand bestimmter Kriterien
fällen)
- Kognitive Strategien --> auswählen, anwenden
und überprüfen von kognitiven Operationen, um Probleme zu
bewältigen
Affektive Lehrziele
- Aufmerksamkeit
- Reagieren
- Einstellungen und Werte bilden
- Werte einordnen
- Internalisierung von Werten
Psychomotorische Lehrziele (Verhaltensweisen)
Beherrschung von Bewegungsabläufen und komplexen Verhaltensweisen
Bezogen auf die Lehrveranstaltung "Einführung in die
Landeskundedidaktik" sind nach dieser Einteilung folgende übergreifende
Lehrziele zu präzisieren:
- Die Studierenden kennen wichtige für die Landeskunde
relevante Grundbegriffe wie zum Beispiel "Landeskunde", "Kultur",
"interkulturell", Interkulturelles Lernen", "D-A-CH-L-Landeskunde",
"interkulturelle Kompetenz", "Stereotype". Sie erkennen, dass viele dieser
Begriffe nicht eindeutig definiert sind und können begründen, warum
die angebotene Begriffsdefinition für einen interkulturellen
Landeskundeansatz verwendet werden kann. Sie kennen wichtige didaktische
Ansätze für landeskundliches Lernen und können die Vorteile und
Nachteile dieser Ansätze erklären und bewerten.
- · Die Studierenden lernen die didaktischen
Arbeitschritte - Lernzielbestimmung, Stoffauswahl und -aufbereitung, Bestimmung
geeigneter methodischer Verfahren, Evaluation - am Beispiel der Didaktisierung
landeskundlichen Lehrens und Lernens kennen. Sie kennen wichtige Lernziele
interkultureller Landeskunde und können diese in das übergeordnete
Lernziel "interkulturelle Kompetenz" einordnen. Sie kennen verschiedene
Vorschläge für eine landeskundliche Stoffauswahl und verstehen die
didaktischen und inhaltlichen Probleme, die sich bei den jeweiligen
Auswahlvorschlägen ergeben. Sie kennen wichtige methodische Verfahren und
Zugangsweisen zur Initiierung landeskundlichen Lernens, können diese
Verfahren den drei klassischen Zugängen zur
Landeskunde(2) (vgl. Krumm
1998, 537) zuordnen und beschreiben. Sie können erklären, in wieweit
diese methodischen Zugänge geeignet sind, interkulturelle Lernziele zu
erreichen. Sie kennen Vorschläge zur Evaluation interkulturellen Lernens,
verstehen die Problematik bei der Evaluation interkultureller Lehrziele und
erkennen den Zusammenhang zwischen Zielen, Methoden und Evaluation (d.h. neue
Lehrziele erfordern neue methodische Ansätze und können nicht mit
herkömmlichen Evaluationskriterien überprüft werden).
- Die Studierenden kennen die Möglichkeiten, die
literarische Texte für interkulturelles Lernen bieten und können
begründen, warum solche Texte in der Landeskunde wichtig sind. Sie kennen
Kriterien zur Textauswahl und methodische Schritte zur Didaktisierung eines
literarischen Textes. An einem Beispiel können sie das Gelernte anwenden
und zeigen, auf welche Weise literarische Texte zum Erreichen interkultureller
Lernziele beitragen.
- Die Studierenden kennen Kriterien zur Beurteilung
landeskundlicher Inhalte in Lehr-werken. Sie können die gelernten
didaktischen Kategorien - Ziele, Inhalte, Methoden - bei der Analyse von
Beispielen aus Lehrwerken anwenden, indem sie interkulturelle Lernziele,
relevante landeskundliche Inhalte und methodische Zugänge (wieder)erkennen
und bewerten. Sie kennen Anforderungen an landeskundliche Materialsammlungen
(Dossiers) als Ergänzung zu Lehrwerken.
- Die Studierenden kennen Chancen und Probleme des Einsatzes
Neuer Medien (des Internets) für landeskundlichen Lehren und Lernen.
- Indem die Studierenden sich intensiv mit theoretischen
Aspekten von Kultur und Kul-turvergleich auseinander setzen, erlangen sie eine
erste Sensibilität für die eigene und andere Kulturen. Sie beginnen
intensiver über die Kulturgebundenheit eigener Wahrnehmungs- und
Interpretationsweisen von Welt nachzudenken und verstehen in Ansätzen, das
Fremde nicht als besser oder schlechter, sondern als anders zu begreifen. Sie
entwickeln Interesse für die eigene und andere Kulturen und beginnen die
Mechanismen der Entstehung von Missverständnissen und Fremdheit bei
interkulturellen Begegnungen zu verstehen. Diese affektiven Lehrziele sind
jedoch in einer Einführungsveranstaltung sicher nur in Ansätzen zu
erreichen und müssen in den darauf aufbauenden Seminaren weiter verfolgt
werden.
Wie zu erkennen ist, verfolgt diese
Einführungsveranstaltung vor allem kognitive und auch affektive Lehrziele.
Damit legt sie einige Grundsteine, um komplexe Verhaltensweisen (d.h.
psychomotorische Lehrziele nach obiger Einteilung) entwickeln zu helfen, die
für einen Sprach- und Kulturvermittler notwendig sind. Solche komplexen
Verhaltensweisen aufzubauen, kann jedoch nicht Aufgabe einer Lehrveranstaltung
sein, sondern muss sich über das gesamte Studium entwickeln.
Die Lehrziele ergeben sich auch aus den inhaltliche
Schwerpunkten, die aus der Fachlogik heraus begründet sind. Inhaltlichen
Schwerpunkte und Lehrziele sind also eng miteinander verzahnt, wie an den
inhaltlichen Schwerpunkten der Lehrveranstaltung zu erkennen ist:
- Zum Begriff Landeskunde
- Wichtige didaktische Konzepte von Landeskunde: kognitiver
Ansatz, kommunikativer Ansatz, interkultureller Ansatz,
D-A-CH-L-Landeskunde
- Grundbegriffe: Kultur/Kulturvergleich; interkulturelles
Lernen/interkulturelle Kompetenz ...
- Lehr- und Lernziele für interkulturelles Lernen
- Landeskundliche Stoffauswahl
- Methoden landeskundlicher Arbeit
- Evaluation
- Landeskunde und Literatur
- Landeskunde in DaF-Lehrwerken
- Internet und Landeskunde
Die Inhaltskonzeption ergibt sich also aus einer fachlogischen
Abfolge, der Lehrstoff ist demzu-folge hierarchisch gegliedert : Nach
Klärung wichtiger Grundlagen und Grundbegriffe (Punkte 1 - 3) erfolgt eine
Bearbeitung der didaktischen Arbeitsschritte (Bestimmung von Ziel, Inhalt,
Methode, Evaluationsverfahren), wie sie für jede Didaktisierung typisch
ist (Punkte 4 - 7). Daran schließen sich drei weitere Schwerpunkte an
(Punkte 8-10), die zum einen wichtige, in den bisherigen Inhaltsbereichen nicht
ausreichend thematisierbare inhaltliche Aspekte enthalten. Der Inhaltsbereich
"Landeskunde in DaF-Lehrwerken" bietet außerdem auch die
Möglichkeit, praktische Beispiele für die Umsetzung von Lehrzielen
und methodischen Verfahren zu entdecken und zu bewerten.
Die Reihenfolge dieser letzten drei Punkte ist ebenfalls nicht
beliebig: Da in wichtigen DaF-Lehrwerken für interkulturelles Lernen
literarische Texte eine große Rolle spielen, ist zur Bewertung dieser
Beispiele zunächst Punkt 8 (Landeskunde und Literatur) zu bearbeiten. Die
Möglichkeiten des Internet wiederum stellen eine Ergänzung und
Erweiterung der Möglichkeiten des klassischen Lehrbuchs dar und stehen
deshalb als letzter Punkt nach "Landeskunde in DaF-Lehrwerken".
Die dargestellte Inhaltskonzeption beinhaltet - wie zu sehen ist
- bereits eine erste didaktische Transformation und Strukturierung der
Lernangebote. Warum und wie daraus zunächst eine Broschüre als
Lernmaterial entstanden ist, soll im folgenden Kapitel dargestellt
werden.
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