Dr. Zeuner :Das Lehrmaterial "Einführung in die Landeskundedidaktik" - Von der Broschüre zum hybriden Lernarrangement

1. Ausbildungsziele im Magisterstudiengang DaF an der TU Dresden

Ausgangspunkt jeder Lehrmaterialentwicklung sind neben der Bestimmung und Beschreibung der Zielgruppe die Ausbildungsziele. Zu berücksichtigen sind dabei zunächst die übergreifen-den studienrelevanten Zielstellungen, die in Studienordnungen und anderen allgemeinen Do-kumenten festgehalten sind. Darauf aufbauend können dann Lehrziele für die jeweiligen Lehrveranstaltungen spezifiziert werden. Bei den übergreifenden Zielstellungen ist zwischen fachspezifischen und fachübergreifenden Ausbildungszielen zu unterscheiden.

Fachspezifische Ausbildungsziele

In der Studienordnung für den Magisterstudiengang DaF an der TU Dresden heißt es im § 2 zu den Zielen des Studiums:

"(1) Ziel des Studiums ist es, den Studierenden unter Berücksichtigung der Spezifik der deutschen Sprache und Literatur als fremdkultureller Gegenstand die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden zu vermitteln, damit sie zu wissenschaftlicher Arbeit, zur kritischen Einordnung und Reflexion von Forschungsergebnissen der Referenz- und Bezugswissenschaften des Deutschen als Fremdsprache befähigt werden und studienfachadäquate Sach-, Sprach-, Sozial- und Kulturkompetenzen entwickeln.
(2) Wissenschaftliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden sollen während des Studiums so vermittelt und angeeignet werden, dass die Absolventen nach dem Studium sowohl in Sprach- und Kulturinstitutionen des In- und Auslandes als auch in der Aus- und Weiterbildung im Fach Deutsch als Fremdsprache auf der Hochschulstufe einsetzbar sind."

Die kognitiven Lehrziele umfassen also nicht nur Kenntnisse zur Problematik des Lehrens und Lernens von Deutsch als fremder Sprache, sondern auch die Entwicklung solcher geistig-sprachlicher Fähigkeiten wie Verstehen und Anwenden des Gelernten, Analyse und Synthese sowie Bewerten. Um die in der Studienordnung genannten Kompetenzen zu entwickeln, bedarf es außerdem positiver Einstellungen zum Fach und zur eigenen sowie zu fremden Kulturen.

Überfachliche Ausbildungsziele

Neben diesen fachspezifischen Ausbildungszielen legen die Empfehlungen der Fachgruppe DaF/FMF (1) zur Entwicklung der DaF/DaZ-Studiengänge in den deutschsprachigen Ländern (Verabschiedet auf der Fachgruppentagung zur Entwicklung der DaF/DAZ-Studiengänge, Kassel, 3. bis 5. Juli 1997) Wert auf bestimmte Schlüsselqualifikationen: "Neben fachspezifischer Berufsqualifikation sollen das Erwerben von Schlüsselqualifikationen, wie beispielsweise Teamfähigkeit, die Fähigkeit zum Umgang mit Forschung und die Fähigkeit zu begründeten Entscheidungen durch die Praxis der Lehr- und Lernkulturen ebenso wie durch die fachlichen Inhalte in den DaF/DaZ-Studiengängen gefördert werden" (Empfehlungen der Fachgruppe DaF/FMF).

Schönert (1995, S. 11) beschreibt diese Schlüsselqualifikationen, also

  • Fachkompetenz
  • Methodenkompetenz
  • Sozialkompetenz und
  • Kulturkompetenz

als Kompetenzviereck. Fachkompetenz ist dabei "nicht als langfristig tragende Grundausstat-tung zu erwerben, sondern muß von Situation zu Situation immer wieder erneuert und umor-ganisiert werden" (Schönert 1995, S. 10). Das bedeutet, das Studierende während ihre Studiums die Fähigkeit entwickeln müssen, autonom weiterzulernen, d.h. sich selbst Lernziele zu setzen, selbst Lernmaterial und Lernwege zu finden und selbst Lernfortschritte zu evaluieren. Diese Lernerautonomie kann weder vorausgesetzt werden noch entwickelt sie sich bei jedem Studierenden von selbst.

Die Methodenkompetenz löst Schönert in Teilkompetenzen auf, "wie in die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und zu beschreiben, und in die Fähigkeit Strategien zur Lösung der Probleme zu entwickeln und den Zusammenhang von Problemformulierung und Problemlösung zu reflektieren. Gefordert sind Sensibilität, Kreativität und Reflexivität im Aktionsfeld eines vernetzten und ganzheitlichen Denkens" (Schönert 1995, S. 10).

Entwicklung von Sozialkompetenz erfordert Lehrveranstaltungen, die bewusst verschiedene Sozialformen nutzen, in denen Studierende ihr Arbeitsverhalten in kleineren oder größeren Gruppen erproben können (Gruppenarbeit, Projekte ...) - Vorlesung oder Seminare, in denen "Referatedidaktik" dominiert, helfen hier nicht weiter.

"'Kulturkompetenz' hieße, die Orientierung in der eigenen, der angestammten Kultur zu vertiefen und zu reflektieren durch den Einbezug einer fremdkulturellen Kompetenz, durch die Fähigkeit sich auch in den Zusammenhängen einer anderen, nicht-muttersprachlichen Kultur zurechtfinden und artikulieren zu können. Kulturkompetenz als Zusammenspiel von Selbst- und Fremdverstehen, als Fähigkeit zu interkulturellem Verstehen ... heißt ... unter den ökonomischen und kommunikationsmedialen Bedingungen von heute: Mehrkulturenkompetenz" (Schönert 1995, S. 11).

Die Entwicklung einer so verstandenen Kulturkompetenz ist für DaF-Studierende, die als Vermittler von Sprache und Kultur ausgebildet werden, ein besonders wichtiges - auch fachspezifisches - Ausbildungsziel. Dem versuchen Lehrziele im Teilbereich Landeskunde und die dazugehörenden Lehrveranstaltungen Rechnung zu tragen.

Schon an dieser Stelle könnte gefragt werden, ob eine traditionelle Vorlesung als Einführung in ein Fachgebiet im Grundstudium immer geeignet ist, solche Lehrziele zu erreichen - eine Vorlesung, die Studierende häufig nicht zu aktiven Hörern und Mitdenkern, sondern zu "Vorlesungsbesuchern, die unterhalten und gesehen werden wollen" (Kronsteiner 1999) macht.


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