Dr. Zeuner :Das Lehrmaterial "Einführung in die Landeskundedidaktik" - Von der Broschüre zum hybriden Lernarrangement

4. Das geplante hybride Lernarrangement

Kerres charakterisiert hybride Lernarrangements wir folgt:

"Lernarrangements bestehen aus verschiedenen Lernangeboten und lernförderlichen Maßnahmen personeller wie (infra-) struktureller Art. Diese sollten in ihrer Anlage unterschiedliche Lernerfahrungen ermöglichen und unterschiedlichen Lernbedürfnissen entsprechen. Das Lernarrangement sollte insofern überdeterminiert sein als verschiedene Elemente das anzustrebende Lehrziel gleichermaßen verfolgen, d.h. es liegen z.B. sowohl Print- als auch AV-Medien zu einem bestimmten Thema vor. Der einzelne Lerner kann dabei seine Schwerpunkte setzen und die für seine Lernsituation günstigste Variante wählen. Bestimmte Lernangebote können sich dabei entweder inhaltlich überlappen, indem z.B.
  • unterschiedliche Medien für die gleichen Inhalte und methodische Aufbereitung gewählt werden (Der Lerner kann z.B. bestimmte Inhalte in einer Präsenzveranstaltung hören oder als multimediales CBT bearbeiten.),
  • verschiedene oder gleiche Medien einen unterschiedlichen methodischen Zugang bieten (Der Lerner kann z.B. eine Aufgabe alleine oder in einer Lerngruppe bearbeiten.)
oder inhaltlich ergänzen, indem z.B.
  • vertiefende Informationen angeboten werden oder fehlendes Wissen, das für das Verständnis wichtig ist, nachgeholt werden kann." (Kerres 2001, 283)

Auch in hybriden Lernarrangements, so stellt er fest, ist ein Leitmedium zu bestimmen und damit eine Hierarchie der einzelnen Elemente (Kerres 2001, 283). "Entscheidendes Merkmal des Leitmediums ist aus didaktischer Sicht, dass es die Lernaktivitäten zeitlich organisiert: Das Leitmedium taktet den Lernprozess" (Kerres 2001, 316).

Leitmedium des ab Wintersemester 2001 geplanten hybriden Lernarrangements ist das auf der Grundlage von "Studierplatz 2000" erstellte multimediales Lernmaterial als mediale Lernumgebung, das zusammen mit einem für jedes Semester neu zu erstellenden Semesterplan den Lernprozess taktet.

In Ergänzung dazu wird der Text des Lernmaterials wie bisher als Broschüre und als Download auf der DaF-Seite der TU Dresden angeboten, damit unterschiedlichen Lern- und Lesegewohnheiten Rechnung getragen werden kann - während einer Bahnfahrt beispielsweise lässt sich eine Broschüre besser durcharbeiten als eine CD-ROM oder ein Internetangebot. Diese Broschüre enthält freilich nicht die Aufgaben und das Aufgabenfeedback des technischen Mediums, ist also zum Erreichen der Lernziele in jedem Fall durch dieses zu ergänzen.

Das durch das Leitmedium ermöglichte selbständige Erarbeiten des Lehrstoffes, dessen Erfolg bzw. Misserfolg der Studierende mit Hilfe der Aufgaben selbst überprüfen kann, wird durch ein begleitendes Seminar (2 SWS) als Präsensveranstaltung ergänzt, das folgende Aufgaben hat:

  • Lernberatung, Feedback durch den Lehrer
  • Kommunikatives Lernen (Feedback der Studierenden zu den Lernaufgaben, Diskussion der offenen Aufgaben, Analyse und Bewerten zusätzlicher Beispiele, Anwenden gelernter Kenntnisse in der Diskussion)
  • Kooperatives Lernen durch Gruppen- oder Partnerarbeit im Seminar

Bei der Planung dieses Seminars ist zu beachten, was Kerres und Jechle für Präsensveranstaltungen innerhalb eines hybriden Lernarrangements fordern:

"Wichtig ist hierbei, daß sich das Verständnis und die Anlage der Präsenzveranstaltung ändern muß, - weg von der Inhaltsvermittlung hin zu vielfältigen, strukturierten und betreuten Kommunikationsaktivitäten."

Eine obligatorische Klausur am Semesterende dient der Kontrolle der Erreichung der Lehrziele, wobei die Klausurfragen sich an die Aufgaben des Lernmaterials anlehnen werden und sowohl Kenntnisse als auch intellektuelle Fertigkeiten und kognitive Strategien überprüfen werden. Affektive Lehrziele wie Einstellungen und Haltungen werden nicht geprüft oder bewertet.

Die folgenden Übersicht zeigt die einzelnen Elemente des geplanten hybriden Lernarrangements und deren Funktion noch einmal zusammenfassend:


Leitmedium: - Semesterplan
  • Zeitliche Taktung des Lernens
  • Verdeutlichung der Lehrziele für die einzelnen Lernabschnitte
  - Multimediale
Lernumgebung
(technisches Medium)
  • Darstellung und Organisation des Lehrstoffes
  • Steuerung und Regelung von Lernprozessen durch Aufgaben
  • Werkzeug zur Wissenskonstruktion
Ergänzendes Medium: - Broschüre
  • Darstellung und Organisation des Lehrstoffes/ Variante für bestimmte Lernsituationen
Präsensveranstaltung: - Seminar
  • Lernberatung/ Lehrerfeedback
  • Kommunikatives Lernen
  • Kooperatives Lernen
Test/Zertifizierung: - Klausur
  • Lehrzielkontrolle

Aus dem Gesagten wird deutlich, dass die Lernenden zwar bei der Aneignung des Lehrstoffes mehr Aufwand haben - es reicht nicht mehr, im besten Fall zuzuhören, mitzuschreiben und am Semesterende das Aufgeschriebene für eine Klausur (auswendig) zu lernen - oder im schlechtesten Falle die Mitschriften der Kommilitonen für die Klausurvorbereitung zu nutzen.

Aber: Die Lernprozesse basieren nun auf Eigenaktivitäten der Lernenden. Die Studierenden müssen sich den Lehrstoff selbst erarbeiten und Kenntnisse selbst anhand der geschlossenen Aufgabenstellungen überprüfen. Sie müssen selbst versuchen, Gelerntes anzuwenden und zu hinterfragen, Beispiele zu analysieren und beurteilen, um die offenen Aufgabenstellungen zu lösen. Und nur diese offenen Aufgaben sind dann auch Gegenstand der Kommunikation in der Präsensveranstaltung - die Studierenden werden sehr schnell bemerken, dass eine unvorbereitete Teilnahme an diesem begleitenden Seminar keinen Sinn macht.

Was also ist der Nutzen dieses hybriden Lernarrangements für die Lösung des oben genannten Bildungsproblems? Die Studierenden müssen es aufgeben, sich zurückzulehnen und sich belehren zu lassen. Sie müssen sich den Mühen des Selbstlernens und Selbsterarbeitens des Lehrstoffes unterziehen, wobei sie durch das Design der medialen Lernumgebung unterstützt werden. Sie müssen wirklich anfangen zu studieren, d.h. sich um Erwerb von Wissen und Fähigkeiten bemühen.

Mit diesem Bemühen verbindet sich die begründete Hoffnung des Autors, dass die Studieren-den bereits in diesem Einführungskurs besser als in der traditionellen Verbindung von Vorle-sung und Proseminar das eigene Lernen lernen und intellektuelle Fertigkeiten und kognitive Strategien ausbilden, die im weiteren Verlauf des Studiums zu Methodenverständnis, Urteils-kompetenz und Entscheidungsrationalität im Fach führen können.

Ende.


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