MHB01 Sommersemester 2025: Experimente

Author

David Kneis (firstname.lastname @ tu-dresden.de)

Published

May 9, 2025

1 Überleben von Daphnien in Wässern mit unterschiedlichem pH-Wert

1.1 Fragestellung

Welche akute bzw. chronmische Toxizität geht von Wässern unterschiedlichen pH-Wert aus? Als Indikator für das Zooplankton verwenden wir Daphnia (magna) o.ä.

1.2 Durchführung

1.2.1 Prinzip

Eine definierte Anzahl vitaler Daphnien (z.B. 5 oder 10) wird in einer Kulturflasche (z.B. 50 mL) mit Wasser eines bestimmten pH-Werts bei Raumtemperatur (etwa 20 Grad celsius) und nicht zu starker Belichtung inkubiert.

Es werden mehrere Flaschen mit unterschiedlichen pH-Werten (etwa im Bereich 3 - 7) hergestellt. Dabei sollte der Bereich mit einer genügenden Auflösung (z.B. 0.5 oder 1 pH-Stufen abgedeckt werden. Für jede pH-Stufe werden Replikate mitgeführt (mindestens 3, besser 5-6).

Nach festgelegten Zeitintervallen (Exposition) werden die Daphnien in den Flaschen gezählt und lebend/tot differenziert. Die Zeitintervalle sollen zunächst kurz sein und können später länger gewählt werden (z.B. 1, 2, 4, 6, 9, 12, 24, 48 Stunden).

1.2.2 Herstellung des pH-Gradienten

Wir benutzen das Wasser regionaler Seen zur Herstellung des pH-Gradienten. Erfahrungsgemäß liegen die pH-Werte etwa zwischen 3 (z.B. Senftenberger Südsee) und 7 (z.B. Geierswalder See). Hat man eine Probe mit pH 3 und eine andere Probe mit pH 7, kann man diese mischen, um Zwischenwerte herzustellen. Dabei kann man zunächst versuchen, die erwarteten Konzentrationen bei bestimmten Mischungsverhältnissen zu berechnen (Tip: Für 50:50% Mischung von pH 3 und pH 7 ist das erwartete Ergebnis NICHT 5.5). Aufgrund von diversen Pufferprozessen stimmen berechnete Mischungskonzentrationen jedoch kaum mit Messwerten überein.

Deshalb macht man zunächst einen Vorversuch mit einigen wenigen Mischungsverhältnissen (z.B. 1:10, 1:5, 1, 5:1, 10:1) und trägt die zugehörigen pH-Werte in ein Diagramm ein. Durch Interpolation (meist reicht Augenmaß) kann man anschließend ein Set von Mischungsverhältnissen auswählen, um den Bereich der beobachteten pH-Werte mit der gewünschten Auflösung (z.B. 0.5 pH-Stufen) abzudecken.

1.2.3 Sonstige Details

Man könnte die Daphnien prinzipiell füttern, um eine Mortalität aufgrund von Verhungern auszuschließen. Vorversuche haben jedoch gezeigt, dass die Exposition mit oder ohne Futter über einen Zeitraum von 48 Stunden nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.

1.2.4 Aufzeichnung der Messwerte

Um die Auswertung zu erleichtern, bietet sich eine Tabelle mit folgendem Layout an. Datum und Zeit werden am besten im Format YYYY-MM-DD hh:mm:ss eingegeben. Es sollten immer beide Spalten (Lebend und Tot) ausgefüllt werden, so dass eine Rate berechnet werden kann, auch wenn mal ein Individuum nicht gefunden wird. Außerdem kann eventuell auftretender Nachwuchs erfasst werden.

pH-Wert Replikat Datum und Uhrzeit Lebend Tot

1.3 Auswertung

Die Messergebnisse sollen in einem mathematischen Modell der Form “Überlebensrate = f(pH, Expositionsdauer)” zusammengefasst werden. Hierfür müssen eine geignete Modellstruktur gewählt und die Parameter aus den Beobachtungsdaten geschätzt werden (Anwendungsfall einer nichtlinearen Regression).

Mögliche Ursachen der beobachteten Toxizität sollen ebenfalls diskutiert werden.

1.4 Nötiges Equipment

  • Kulturflaschen 50 mL

  • Flaschen für Seewasserproben

  • Stabpipetten 10 mL und Pipettierhilfe

  • pH-Sonde

  • Daphnienkultur (ggf. aus Zoohandlung)

  • Pasteurpipetten und Schere (zum Umsetzen der Daphnien)

  • Lampe zum leichteren Auszählen

  • Permanentmarker zum Beschriften der Flaschen

2 Empirischer Nachweis des limitierenden Nährstoffs des Phytoplanktons

2.1 Fragestellung

Das Wachstum des Phytoplanktons wird, sofern die Belichtung stimmt, in der Regel durch die Verfügbarkeit von Phosphor oder Stickstoff begrenzt. Man könnte versuchen, DIP und DIN zu messen um auf den möglichen Mangelfaktor zurückzuschließen. Die Messungen sind jedoch aufwendig und die Nachweisgrenzen müssen beachtet werden. Als Alternative bieten sich Aufdüngungsexperimente an. Damit lässt sich die Frage beantworten, wie das Phytoplankton auf eine gezielte Zuführung von P bzw. N reagiert.

2.2 Durchführung

2.2.1 Prinzip

Natürliche Proben werden mit einer defierten Menge an P, N, oder beidem angereichert und inkubiert. Mittels Photometrie wird das Wachstum indirekt aus der Zunahme der Licht-Extinktion abgeschätzt.

Die Wachstumsraten von Phytoplankton sind mit ca. 1.2 pro Tag (große Diatomeen) bis 2.4 pro Tag (kleine Grünalgen) unter optimalen Bedingungen relativ gering. Daraus ergeben sich Verdopplungszeiten von idealerweise 7 bis 14 Stunden. Entsprechend sollten die Messungen über einige Tage durchgeführt werden, um sicher Unterschiede zu detektieren.

2.2.2 Wahl von Nährstoffgradienten

Der zu testende Konzentrationsbereich sollte realistisch im Vergleich zu in Gewässern messbaren Konzentrationen sein. Außerdem sollte beachtet werden, dass P und N in deutlich unterschiedlicher Quantität benötigt werden (vgl. Redfield-Ratio N:P = 16:1 mol/mol).

Folgende Konzentrationsstufen bieten sich für den Phosphor an 0, 0.01, 0.1, 1 mg/L P. Dabei ist die Probe mit der hypothetischen Konzentration 0 eine Kontrolle (ohne Zugabe; natürlich enthält das Seewasser bereits eine gewisse Menge P).

Legt man das molare N:P von 16 zugrunde, ergeben sich für N folgende korrespondierende Konzentrationen: 0, 0.072, 0.72, 7.2 mg/L N.

Natürlich können N und P-Zugabe auch kombiniert werden. Die Untersuchung aller möglichen Kombinationen, inkl. Replikation, wird allerdings aufwendig. Daher bietet es sich an, nur entlang der Achsen und der Diagonale der folgenden Matrix zu testen:

       P mg/L
N mg/L  0 0.01 0.1  1
  0     1    1   1  1
  0.072 1    1  NA NA
  0.72  1   NA   1 NA
  7.2   1   NA  NA  1

Jede Konzentrationsstufe sollte mit mindestens 3 Replikaten (besser 6) berücksichtigt werden. Je mehr Replikate, desto eher lassen sich Effekte statistisch nachweisen.

2.2.3 Herstellen der Nährstoffkonzentrationen

Als P-Quelle wurde Na2HPO4 (wasserfrei, 142 g/mol) gewählt. Daraus wurde eine Stocklösung von 100 mg/L P hergestellt (458 mg Na2HPO4 auf 1 L MP-II Wasser).

Als N-Quelle wurde NaNO3 (wasserfrei, 85 g/mol) gewählt. Daraus wurde eine Stocklösung von 1000 mg/L N hergestellt (6071 mg NaNO3 auf 1 L MP-II Wasser).

Bevor mit den Stocklösungen gearbeitet wird, sollten Aliquotes abgenommen werden um in jeden Fall eine (Kreuz)kontamination der Stocklösungen sicher auszuschließen. Weitere nötige Verdünnungen sollten ausschließlich aus den Aliquotes hergestellt werden.

Für die Herstellung der Zielkonzentrationen folgt allgemein aus der Massenbilanz (Equation 1)

\[ c_{target} = \frac{c_{stock} * v_{stock} + c_{sample} * (v_{target} - v_{stock})}{v_{target}} \tag{1}\]

das notwendige Volumen an einzusetzender Stocklösung (Equation 2)

\[ v_{stock} = \left( \frac{c_{target} - c_{sample}}{c_{stock} - c_{sample}} \right) * v_{target} \tag{2}\]

mit

  • \(c_{target}\) Zielkonzentration (mg/L)
  • \(c_{sample}\) Ausgangskonzentration der Probe (mg/L). Unbekannt, daher ersatzweise Null!
  • \(c_{stock}\) Konzentration der Stocklösung (mg/L)
  • \(v_{target}\) Beabsichtigtes Zielvolumen nach Zugabe der Stocklösung (z.B. 30 mL)
  • \(v_{stock}\) Benötigtes Volumen Stocklösung (mL)

Zu beachten ist:

  • Der Quotient der Konzentrationen in Equation 2 ist dimensionslos. Nur deshalb muss nicht penibel auf kompatible Einheiten geachtet werden.

  • Das einzusetzende Volumen der Probe ergibt sich automatisch als Rest (\(v_{target} - v_{stock}\)). Im einfachsten Fall kann man in der Flasche die Stocklösung vorlegen und auf das Zielvolumen auffüllen, sofern die Flasche eine Markierung aufweist. Das ist zwar nicht supergenau, geht aber schnell. Anderenfalls muss man die Differenz pipettieren.

  • Der mit Equation 2 erhaltene Wert für \(v_{stock}\) ist dahingehend zu prüfen, ob die Menge sinnvoll pipettiert werden kann. Profis können mit einer gut kalibrierten Pipette auch sehr kleine Volumina pipettieren, Gelegenheitsanwender eher nicht. Es empfiehlt sich i.A., das zu pipettierende Volumen größer als etwa 20 µL zu wählen. Ist der berechnete Wert von \(v_{stock}\) also kleiner als 20 µL, verdünnt man die Stocklösung zunächst vor (z.B. 1:10, also 1 Teil Stocklösung auf 9 Teile Probe).

  • Das zugegebene Volumen der Nährstoff-Stocklösung sollte aber auch nicht zu groß sein, da der Charakter der Probe (übrige Stoffe) dann stark verfälscht würde. Als Faustregel könnte gelten, dass \(v_{stock}\) maximal 1% von \(v_{target}\) betragen sollte.

Um diese Vorgaben zu erreichen, geht man am besten wie folgt vor:

  • Man verdünnt (falls nötig) die Stocklösung so vor, dass man die Probe mit der höchsten geforderten Konzentration bequem herstellen kann.

  • Man stellt eine größere Menge der Probe mit der höchsten geforderten Konzentration her, als tatsächlich benötigt wird, z.B. 120% des Volumens.

  • Die Überschüssigen 20% verdünnt man anschließend mit Probenwasser (z.B. im Verhältnis 1:9 für eine 10-fach Verdünnung), um die nächst niedrigere Konzentrationsstufe herzustellen. Dabei produziert man wieder etwa 120% des eigentlich nötigen Volumens.

  • Die überschüssigen 20% sind wiederum die Grundlage zur Herstellung weiterer Verdünnungen …

Nachfolgend wird gezeigt, wie die Treatments mit den höchsten Konzentrationen basierend auf Equation 2 praktisch hergestellt werden. Dabei wird von einem Füllvolumen der 50 mL Kulturflaschen von 30 mL ausgegangen. Die Flaschen randvoll zu füllen wäre hinsichtlich eines Gasaustauschs keine gute Idee.

v_sample <- 30  # Füllvolumen der Kulturflaschen (mL)
replicates <- 5 # Anzahl Replikate je Treatment
extra <- 4/3    # Multiplikator für einen Überschuss von 25%
c_sample <- 0   # Angenommene Konz. der Probe (universell)

v_target <- v_sample * replicates * extra   # Herzustellendes Volumen

# Stickstoff
c_stock <- 1000  # Konzentration Stocklösung (mg/L)
c_target <- 7.2  # Zielkonzentration stärkstes Treatment (mg/L)
v_stock <- (c_target - c_sample) / (c_stock - c_sample) * v_target
print(data.frame(
  `mL Gesamt`=v_target,
  `mL Stock`=v_stock,
  `mL Probe`=v_target - v_stock,
check.names=F), row.names=FALSE)
 mL Gesamt mL Stock mL Probe
       200     1.44   198.56
# Phosphor
c_stock <- 100   # Konzentration Stocklösung (mg/L)
c_target <- 1    # Zielkonzentration stärkstes Treatment (mg/L)
v_stock <- (c_target - c_sample) / (c_stock - c_sample) * v_target
print(data.frame(
  `mL Gesamt`=v_target,
  `mL Stock`=v_stock,
  `mL Probe`=v_target - v_stock,
check.names=F), row.names=FALSE)
 mL Gesamt mL Stock mL Probe
       200        2      198

Zur Herstellung des höchstkonzentrierten kombinierten Treatments werden die Stockvolumina von N und P entsprechend kombiniert und auf das Gesamtvolumen aufgefüllt.

Die Herstellung der niedrigen Verdünnungen in 10-er Schritten (Mischen von 1:9) sollte kein Problem sein. Allerdings muss konzentriert gearbeitet werden, da sich Fehler in einem Schritt des serial-dilution-Prozesses natürlich fortpflanzen.

2.2.4 Optionale Animpfung mit Phytoplankton

Um auch bei sehr klaren Seen bei kürzerer Expositionsdauer zu Ergebnissen zu kommen, kann man den Proben eine geringe, definierte Menge einer Laborkultur zugeben. Positive Erfahrungen wurden mit der Grünalge Raphidocelis supcapitata gemacht, die auch in der Ökotoxikologie verwendet wird.

Entscheidend ist, das so eine Laborkultur vor der Zugabe sehr gut “gewaschen” wird, um keine Nährstoffe zu verschleppen. Dafür muss mehrfach zentrifugiert, abpipettiert, und aufgefüllt werden. Zum Auffüllen verwendet man im Zweifelsfall am besten 0.9%-ige Kochsalzlösung (9 g NaCl auf 1 L entionisiertes Wasser). Würde man direkt entionisiertes Wasser verwenden, können die Zellen platzen. Bei Verwendung von Leitungswasser würde man bereits nennenswert Nährstoffe eintragen. Z.B. enthält Dresdner Trinkwasser aus dem Wasserwerk Coschütz im Mittel bereits etwa 11 mg/L Nitrat, während ortho-Phosphat unter der Nachweisgrenze von 0.01 mg/L liegt (Analyseergebnisse der DREWAG sind online abrufbar).

2.2.5 Optionale Entfernung des originalen Planktons

Wenn man mit Phytoplankton aus einer Laborkultur animpft, kann man natürlich auch zunächst das natürlich vorkommende Plankton durch Filtration entfernen. In jedem Fall kann es lohnen, die Proben zunächst durch ein feines Zooplanktonnetz zu filtern um den Frasdruck auf die Kultur gering zu halten.

2.2.6 Exposition

Die Proben werden idealerweise bei Raumtemperatur (ca. 20 Grad) und mäßiger Belichtung inkubiert. Bei Dunkelkeit oder dauerhafter Exposition gegenüber direkter Sonnenstrahlung wird das Wachstum suboptimal verlaufen. Direkte Sonnenstrahlung ohne schützende Wassersäule schädigt einerseits den Photosyntheseapparat, andererseits werden die Proben schnell zu warm.

Es kann nicht schaden, wenn die Proben hin- und wieder geschüttelt werden, um sedimentierte Zellen zu resuspendieren.

2.2.7 Photometrie

Die Proben werden zu Beginn und nach einer Inkubationsdauer von mehreren Tagen mit einem Photometer vermessen. Hierbei die Lichtextinktion als Indikator für die Dichte der Algenkultur. Dahinter steht die Annahme, dass die Menge suspendierten Phytoplanktons die Lichtextinktion maßgeblich bestimmt und über einen weiten Bereich ein direkter (nahezu linearer) Zusammenhang besteht (Figure 1). Bewährt hat sich die Messung bei etwa 600 nm (orange).

Figure 1: Zusammenhang zwischen Extinktion bei 600 nm (x-Achse) und Dichte einer Kultur von Raphidocelis subcapitata. Die Kulturdichte ist in relativen Einheiten angegeben. Der Höchstwert von 1 (oberster Strich der y-Achse ) entspricht 14.8e+6 Zellen / mL. Ausgehend davon wurde in Schritten von Faktor 2 verdünnt. Offenbar besteht ein nutzbarer Zusammenhang über mindestens 3 Größenordnungen.

2.2.8 Aufzeichnung der Messwerte

Es empfiehlt sich, jeder Probe zunächst eine eindeutige ID zu geben, die man zur Beschriftung der Flaschen und zur bequemen Erfassung der Messwerte verwendet. Im konkreten Fall eignet sich z.B. folgende Tabelle:

ID P-Konz. N-Konz. Replikat Kommentar
K.1 0 0 1 ohne Zugabe
K.2 0 0 2
P1.1 0.01 0 1 nur P, geringe Zugabe
P1.2 0.01 0 2
P2.1 0.1 0 1 nur P, mittlere Zugabe
P2.1 0.1 0 2
P3.1 1 0 1 nur P, hohe Zugabe
P3.1 1 0 2
N1.1 0 0.072 1 nur N, geringe Zugabe
N1.2 0 0.072 2
N1P1.1 0.01 0.072 1 P + N, geringe Zugabe
N1P1.2 0.01 0.072 2

Für das Speichern der eigentlichen Messwerte eignet sich dann z.B. eine Tabelle mit folgendem Layout. Diese kann problemlos Werte von mehreren Messzeitpunkten (z.B. Anfangswerte sowie nach 2 und 4 Tagen) aufnehmen. Wird bei mehreren Wellenlängen gemessen, werden einfach weitere Spalten hinzugefügt.

ID Datum und Uhrzeit Ext_600nm

Bleibt man bei der Messung einer Wellenlänge (z.B. 600 nm) kann man die Tabelle bequemer auch wie folgt gestalten, um leichter die Übersicht zu behalten:

ID Stunde_0 Stunde_48 Stunde_96

Möchte man den gemessenen Extinktionswerten auch konkrete Kulturdichten (Zellen / mL) zuordnen, müssen Proben unter dem Mikroskop ausgezält werden. Hierzu bieten sich Neubauer-Zählkammern an. Sie sind leicht zu handhaben und bieten variable Zählraster (Figure 2). Unbedingt notwendig ist eine Auszählung nicht, da die wesentlichen Schlüsse direkt aus dem gemessenen Extinktionen (relative Werte) gezogen werden können.

Figure 2: Raster einer Zählkammer mit Algenzellen. Die Dimensionen des Rasters und die Schichtdicke der Kammer müssen der jeweiligen Anleitung entnommen werden, um die Zählwerte auf ein Volumen beziehen zu können.

2.3 Auswertung

Die Differenz der gemessenen Extinktionen zu zwei Zeitpunkten wird als Indikator für das Wachstum verwendet. Die Differenzen lassen sich zwischen den unterschiedlichen Treatments vergleichen. Je größer die Anzahl der Replikate pro Treatment gewählt wurde, desto eher lassen sich auch geringe Effekte nachweisen.

In jedem Fall sollte aus den Experimenten der aktuell im Mangel befindliche Nährstoff hervorgehen. Im günstigen Fall lässt sich auch zeigen, ab welcher Zugabe des im Mangel befindlichen Nährstoffs das System in die entgegengesetzte Limitation wechselt (Umschlag von P-Limitation nach N-Limitation, oder umgekehrt).

Die Ergebnisse werden potentiell durch eine Vielzahl von “Störfaktoren” beeinflusst, die zumindest qualitativ diskutiert werden sollen. Dazu gehören u.a. Prädation, sonstige Mortalität, das Wachstum anderer Mikroorganismen, oder der Abbau bzw. die Sedimentation anderer Trübstoffe.

2.4 Nötiges Equipment

  • Stocklösungen von P und N

  • Glasflaschen für Aliquoten der Stocklösungen und Vorverdünnungen

  • Nährstoffreies Wasser für die Herstellung von Verdünnungen

  • Kulturflaschen 50 mL

  • Flaschen für Seewasserproben

  • optional: Animpfkultur (z.B. Raphidocelis subcapitata), mehrfach mit Kochsalzlösung gewaschen

  • Pipetten (20 µL bis 1 mL)

  • Stabpipetten 10 und 50 mL, Pipettierhilfe

  • Photometer

  • 5 cm Küvetten

  • Verlängerungskabel

  • Permanentmarker zum Beschriften der Flaschen

  • optional Filter und Filtereinheit (oder feines Planktonnetz) zur Filtrieren der Probe

  • optional Zählkammer zur Bestimmung der Zelldichte

3 Schätzung von Brutto- und Nettoprimärproduktion mittels Hell-Dunkel-Flaschen

3.1 Fragestellung

Eine übliche Schätzung ist, dass die Nettoprimärproduktion gegen Null geht, wo noch ca. 1% der oberflächlich verfügbaren photosynthetisch aktiven Strahlung verfügbar sind (Kompenstationstiefe). Bei dieser Lichtintensität reicht die Photosynthese gerade aus, um die Verluste durch Respiration zu kompensieren. Wir wollen diese Schätzung mit der Hell-Dunkel-Flaschenmethode überprüfen.

3.2 Durchführung

Es werden belichtete und abgedunkelte Schottflaschen mit Wasser aus ca. 0.5 m Tiefe befüllt und der anfängliche Sauerstoffgehalt gemessen. Anschließend werden die Flaschen etwa 4-5 Stunden tagsüber im See inkubiert und nachfolgend erneut der Sauerstoffgehalt bestimmt. Die Änderung des Sauerstoffgehalts in den dunklen Flaschen ist ein Indikator der Respiration. Die Änderung des Sauerstoffgehalts in den Hellflaschen zeigt die Nettoprimärproduktion an. Die Bruttoprimärproduktion ergibt sich als Summe aus Nettoprimärproduktion und Respiration.

In jeder Messtiefe wird parallel mindestens eine Hellflasche und eine Dunkelflasche ausgebracht, damit Differenzen für korrespondierende Tiefen möglichst direkt (ohne Interpolation) berechnet werden können.

3.2.1 Auswahl der Tiefen

Die oberste Flasche sollte etwa 0.25 m unter der Wasseroberfläche inkubiert. Die unterste Flasche sollte etwa in der aus Lichtmessungen vermuteten Kompensationstiefe inkubiert werden. Erfahrungsgemäß bietet es sich in den klaren Lausitzer Seen an, die Flaschen in 0.25, 1.25, 2.25, …, 7.25 m auszubringen.

3.2.2 Wahl der Flaschen

Es bieten sich Schottflaschen von 250 oder 500 mL an. Die kleinen sind handlicher. Die größeren Flaschen haben den Vorteil, dass die Messwerte aufgrund des größeren Volumens weniger schnell durch Austausch mit der Atmosphäre verfälscht werden.

3.2.3 Abdunkeln der Flaschen

Zum Abdunkeln der Flaschen bietet sich Alufolie an, allerdings ist diese empfindlich und bereits kleine Löcher führen zu extremen Messfehlern. Daher muss penibel auf Undichtigkeiten der Alufolie geachtet werden. Es ist dringend empfohlen, die umhüllten Flaschen zusätzlich mit einer Schutzhülle zu versehen (z.B. Tape, schwarze Müllbeutel, Abschnitte von DN100 Abwasserrohr, etc.). Besonders empfindlich sind die Bereiche, in denen die Flaschen befestigt werden.

3.2.4 Befestigung

Die Flaschen müssen an eine ausreichend stabile Leine mit geeigneten Knoten (z.B. Kreuzknoten unterhalb des Randes am Hals) befestigt werden. Noch besser ist eine Drahtschlinge am Flaschenhals, die mittels Mastwurf (Webeleinenstek) an der Leine bestestigt wird (Figure 3). Am Ende der Leine muss ein Gewicht (Beton, Metall) angebracht werden, damit die Flaschenkette auch bei stärkerer Turbulenz sicher nach unten hängt. Am oberen Ende wird die Leine durch eine Boje (notfalls Kanister) gehalten und deren Lage angezeigt.

Es hat sich bewährt, Hell- und Dunkelflaschen an separaten Leinen in einigen Metern Entfernung zueinander abzuhängen. So können sich beide Flaschenketten nicht ineinander verheddern.

Figure 3: Befestigung der Flasche mittels Drahtschlinge. Bei Zug an der Leine wird so eine Beschädigung der Verdunkelung besser vermieden.

3.2.5 Messen des Sauerstoffs

Der Sauerstoffgehalt wird mit der (optischen) Messsonde gemessen. Es sollte parallel auch die Temperatur notiert werden, um die Sättigung berechnen zu können sowie Einflüsse der Temperatur auf die biologische Aktivität abschätzen zu können.

3.2.6 Aufzeichnung der Messwerte

Für das Speichern der Messwerte eignet sich z.B. eine Tabelle mit folgendem Layout.

Flaschentyp Tiefe Initial_O2 Initial_Temp Inkubationsdauer_h Final_O2 Final_Temp

3.3 Auswertung

Füre jede Flasche wird zunächst die Zu- bzw. Abnahme des Sauerstoffgehaltes gemessen. Anschließend werden die Werte von Hell- und Dunkelflaschen über der Tiefe aufgetragen. Im Erfolgsfall kann aus dem Diagramm die Kompensationstiefe abgeschätz werden (ggf. Inter- oder Extrapolieren). Außerdem kann durch Integration über die Tiefe die Primärproduktion der Wassersäule berechnet werden.

Die erhaltenen Werte sollten auf Plausibilität geprüft werden. Dafür bietet es sich an, die erhaltene Größenordnung mit Werten aus der Literatur zu vergleichen.

3.4 Nötiges Equipment

  • Sauerstoffsonde

  • Wasserschöpfer

  • Bojen

  • Gewichte

  • Leinen für Flaschenketten, mindestens 2 x 10 m

  • Verbindungsleinen (zwischen Bojen und zur Hauptaufhängung)

  • Schottflaschen 250 mL oder 500 mL (mindestens 15, besser 30)

  • Alufolie

  • Tape

  • Müllbeutel schwarz oder Rohrstücken als Schutz für Dunkelflaschen

  • Kabelbinder

  • ggf. Draht und Zange für Befestigung der Flaschen

  • Permanentmarker

  • Schreibzeug für Aufzeichnung auf dem Boot